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Eine fasstastische Reise oder von Buch am Irchel nach Trasadingen

EinZum hundertsten Mal schaute ich auf die Uhr. Ich setzte mich auf, zog meine Schuhe an und ging nach draussen. Milo hob bereits kaum mehr den Kopf. Er dachte sich wohl, dass ich spinne. Prüfend schaute ich in den Himmel. Und dann zu meinem Pony. Winnie stand immer noch dösend auf seiner Wiese. Als ich näher kam, hob er den Kopf. „Du schon wieder?!“ schien sein Blick zu sagen. „Leg dich doch jetzt endlich schlafen.“ Er hatte ja recht. Morgen oder besser gesagt heute warteten noch ein paar Kilometer auf uns. Seufzend ging ich wieder zurück zu meinen schlafenden Kindern. Wieder einmal fand ich es schade, dass Winnie bei uns nicht ins Bett passte. 

 

52km galt es in zwei Tagen zu bewältigen. Ein hoch gestecktes Ziel mit zwei Kleinkindern. Aber zum Glück begleitete uns am ersten Tag meine Mutter zur Unterstützung. Zu sechst verliessen wir also am frühen Morgen den heimischen Stall. Heute zog es uns nach Trasadingen im Kanton Schaffhausen. Dort wartete ein ganz besonderes Nachtlager auf uns. 

 

Den ersten Teil der Strecke, von Buch am Irchel nach Rüdlingen kannten Winnie, Milo und ich bereits in und auswendig. Von dort aus ging es rechts nach Rafz. Das letzte Mal auf unserer Reise nach Basel waren wir links nach Eglisau abgebogen. 

 

Auf dem Weg nach Rafz braute sich das erste Mal etwas zusammen. Und damit meine ich nicht den ersten Streit zwischen den Kindern im Kinderwagen (der war zu dieser Zeit bereits Geschichte), sondern in den Wolken. Wir liefen durch einen lauschigen Wald mit schönen Pfaden und uns begleitete eine frische Brise. Diese sorgte für eine willkommene Abwechslung und hielt die lästigen Viecher fern. Als wir aus dem Wald kamen lag das Dorf Rafz bereits vor uns. Das Gewitter zog zum Glück seitlich an uns vorbei, als wir die Unterführung passierten und die Rebberge ansteuerten. Von hier aus ging es zum ersten Mal steil bergauf. Dafür wurden wir mit einer wunderschönen Aussicht belohnt. 

 

Oben angekommen führte uns der Weg wieder in den Wald. Es war Mittagszeit und wir hielten Ausschau nach einem geeigneten Grillplatz oder wenigstens einer einladenden Bank. Aber leider trafen wir auf nichts dergleichen. Also liefen wir unbeirrt weiter, obwohl die Kinder langsam hungrig wurden.

 

Schon bald kreuzten wir den Grenzstein, der uns anzeigte, dass wir uns nun in deutschem Gebiet aufhielten. Wir kamen nach Bergwangen und dort hatte es endlich eine geeignete Stelle, um zu picknicken und eine Pause einzulegen. Die hatten wir nun alle bitter nötig. 

 

Zum Glück waren wir ausgeruht als es weiter ging, den nun stand uns ein steiler Anstieg auf den Sonnenberg bevor. Leider brannte auch genau zu dieser Zeit die Sonne vom Himmel und machte das Bezwingen des Hügels noch beschwerlicher. Man sah uns die Strapazen förmlich an, denn ein besorgter Autofahrer hielt neben uns sogar an und fragte, ob er uns etwas abnehmen könne. Ich antwortete ihm, dass dies sehr höflich sei, wir uns dies aber freiwillig antäten (na gut, Winnie und Milo hatten keine andere Wahl, aber Winnie in seinem VW Golf zu befördern wäre etwas kompliziert geworden). 

 

Auf dem Sonnenberg erwartete uns eine liebliche, kleine Kapelle und eine wunderschöne Aussicht. Kaum oben angekommen begann bereits wieder der Abstieg. Ein kleiner Trampelpfad führte uns wieder zurück in die Schweiz und nach Osterfingen hinunter. 

Dort sollte der Weg am Waldrand entlang führen. Wir kamen aber immer weiter (und höher) in den Wald hinein. Bis mein Navi wieder einmal rief: „Sie haben die Tour verlassen. Bitte schauen sie auf die Karte.“. Irgendwo hatten wir einen Abzweiger verpasst und machten nun einen Umweg. Und dies auch noch im dümmsten Moment, so langsam waren nämlich alle müde und hungrig. Schliesslich konnten wir über einen Trampelpfad wieder zurück auf die Route kehren. 

 

Nun stand uns der letzte Teil bevor, der uns noch einmal alles abverlangte. Unser Weg führte uns über die Felder nach Trasadingen. Es hatte beinahe keine schattigen Stellen und die Sonne brannte nun heiss vom Himmel. Wir waren alle froh, als wir schliesslich in Trasadingen ankamen. Hier bezogen wir unser Nachtlager im Fasshotel Rüedi. Wir wurden sehr herzlich empfangen und fühlten uns sofort wohl. Die Kinder, Milo und ich bekamen ein Luxusfass mit wunderbarem Bett und wohltuender Dusche. Winnie bezog eine kleine Wiese neben den Fässern. Moni und Andreas Rüedi, die Besitzer des Hotels haben eine sehr sympathische Art und kümmerten sich rührend um uns. 

 

Wir verbrachten eine angenehme Nacht im Fass. Ich kam nicht zu allzu viel Schlaf, was aber nicht an der Umgebung, sondern an meiner Sorge um Winnie lag. Zwar hatte ich den Wetterradar tausendmal studiert und es zeigte jedes Mal keine Gewitter in der Region an, aber dennoch musste ich mich immer wieder selbst vergewissern, dass Winnie nicht verhagelt wurde. 

Dem Ponymann war meine Sorge ziemlich egal, er fühlte sich wohl und döste die ganze Nacht vor sich hin (ausser wenn ich ihn mit meinen Besuchen störte).

 

Am nächsten Tag genossen wir ein reichhaltiges Frühstück und machten uns dann auf den Heimweg. Da das Wetter sehr unsicher war, holten meine Eltern die Kinder ab und ich konnte mit den Tieren alleine zurück laufen. Das genoss ich sehr, auch wenn mir manchmal direkt langweilig war ohne ihre Fragen, ihren Gesängen und ihren Streitereien. 

 

So fand ich auch den Abzweiger, den wir gestern verpasst hatten. Dieser war so zugewachsen, dass wir ihn unmöglich hätten sehen können und mit den Kindern im Wagen wäre es sowieso kein Durchkommen gewesen. Der Aufstieg auf den Sonnenberg fiel mir ohne Anhänger und Kinder auch viel leichter. Es war nun aber schwül-warm und deshalb wurden wir von Bremsen gefressen. Ich war deshalb froh, als in Bergwangen der Regen einsetzte. Wir passierten erneut die Rebberge und kamen wieder hinunter nach Rafz. So ohne Kinder und ständiges Anhalten kamen wir flott voran. Bei diesem Wetter begegneten uns auch kaum andere Spaziergänger und wir hatten die Landschaft beinahe für uns alleine. Auch wenn ich den gleichen Weg zurück lief, erkannte ich ganz andere Dinge als gestern. Zum Beispiel, dass Schild mit der Aufschrift „Pilgerweg“ und die vielen Kacheln mit der berühmten Muschel, welche den Jakobsweg beschilderten. So konnte ich den Weg noch einmal neu erkunden und die Stille geniessen.

 

Trotzdem war ich dann auch froh, als wir zurück zum Stall kamen. Ich hatte einmal eine kurze Pause eingelegt, sonst liefen wir am Stück durch. Winnie verabschiedete sich gleich auf seine geliebte Weide und auch Milo stand an diesem Tag nicht mehr oft von seinem Bettchen auf. 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Carmem (Dienstag, 10 Juli 2018 08:03)

    Wow...tolle sache. Kannst Stolz sein. Finde ich toll sollche Erlebnisse. Lg Carmen